Beitrag von: Dr. med. Nathalie Schelhorn., Dr. med. Beate Wilmink

Schnellender Finger (Tendovaginitis Stenosans)

DEFINITION

Die Beugesehnen der Finger (oberflächige und tiefe Beugesehne) durchlaufen im Bereich der Hand ein Tunnelsystem (=Sehnenscheide), das an definierten Stellen verstärkt ist. Diese Verstärkungen werden Ringbänder genannt und sie dienen dazu die Sehne am Knochen zu halten, damit kein Abheben der Sehne zu einem Kraftverlust bei der Fingerbeugung führt.
Kommt es zu einer Einengung der Sehnenscheide oder zu einer Verdickung der Sehnen ist die Gleitfähigkeit der Sehnen beeinträchtigt. Die Folge ist ein Hängenbleiben der Sehne in Höhe des ersten (A1) Ringbands (Tunneleingang) und die aktive Streckung des Fingers ist mit einem Schnappphänomen verbunden. Im Extremfall bleibt der Finger in Beugestellung in der Hohlhand blockiert.

Abb 1: Tunnelartiges Ringbandsystem eines Fingers. Klinisch relevant beim Schnappfinger ist vor allem das A1-Ringband.

URSACHE

Ursachen der Einengung können wiederholte Überlastung bei ungewohnten Tätigkeiten, aber auch chronisch entzündliche Erkrankungen wie Rheuma oder Gicht sein. Aber auch andere Erkrankungen wie beispielsweise Diabetes mellitus können mit einer Zunahme des Sehnenscheidengewebes einhergehen.

SYMPTOME

Zu Beginn treten meist Schmerzen an der Basis der Finger oder an der Daumenbasis auf. Gleichzeitig oder im späteren Verlauf kann ein Schnappen des Fingers auftreten, typischerweise am Morgen nach dem Aufstehen. Teilweise ist aber auch lediglich eine Bewegungseinschränkung vorhanden, welche den Finger nicht mehr komplett beugen lässt. Im Extremfall kann der Finger nach dem Faustschluss nicht mehr selbst gestreckt werden und ist in der Hohlhand blockiert.
Als Begleiterscheinung können auch kleinere Zysten / Ganglien (meist relativ harte mit gelartiger Flüssigkeit gefüllte Knötchen) an der Basis des Fingers getastet werden. Diese Ganglien entstehen oft aufgrund der entzündlichen Veränderungen.

UNTERSUCHUNG

In der Regel ist zur Diagnosestellung die klinische Untersuchung ausreichend und entscheidend. Mit der Ultraschalluntersuchung kann zusätzlich nachgewiesen werden, wie ausgeprägt die entzündlichen Veränderungen sind, wie stark die Verdickung des Ringbandes ist und ob noch weitere Auffälligkeiten (Ganglien, Morbus Dupuytren) vorliegen.

THERAPIE

Nur selten tritt eine Spontanheilung auf, beispielsweise wenn eine zugrundeliegende Ursache (Überlastung, Entzündung/Rheuma) beseitigt oder behandelt wurde. Meist bleiben die Beschwerden vorhanden und auch therapeutische Massnahmen führen normalerweise nicht zu einer Verbesserung.
Somit verbleiben zwei Behandlungsmöglichkeiten:
Einerseits kann eine Kortisoninfiltration zur Beschwerdelinderung führen. Dies kann auch eine längerfristige Beschwerdefreiheit erbringen. Nach einer Kortisonspritze tritt aber auch oft nur eine teilweise Linderung der Schmerz oder des Schnappens auf und gewisse Symptome können verbleiben. Nicht selten wird durch die Infiltration auch keinerlei Wirkung erzielt. Die Risiken/Nebenwirkungen sind jedoch minimal, weswegen grundsätzlich immer ein Versuch einer Infiltration möglich ist. Bei ausgeprägten Verdickungen der Ringbänder ist eine langfristig erfolgreiche Infiltration weniger wahrscheinlich. Als definitive Behandlungsmethode ist schliesslich die operative Ringbandspaltung sinnvoll. Dabei wird meist in Lokalanästhesie ein kleiner Schnitt an der Basis des Fingers/Daumens durchgeführt (siehe Abbildung) und das Ringband längs durchtrennt. Dabei können auch weitere Pathologien wie beispielsweise Ganglien/Zysten oder Dupuytrenstränge entfernt werden, sofern diese vorliegen. Danach ist das Problem des Schnappens und der schmerzhaften Bewegungseinschränkung normalerweise endgültig und langfristig beseitigt.

Abb 2: Schnittführung beim operativen Zugang zur Ringbandspaltung

RISIKEN UND KOMPLIKATIONEN

  • Vorübergehende Beschwerden und Bewegungseinschränkungen des mittleren Fingergelenks: relativ häufig
  • Selten bleibende leichte Einschränkung der Streckung am mittleren Fingergelenk
  • Infektionsrisiko: unter 1 %
  • Verletzung relevanter Gefässe / Nerven: unter 1 %
  • Bis zu Wiedererlangung der Kraft dauert es ca. 6 Wochen

NACHBEHANDLUNG

Nach der Operation wird die Wunde mit einem Verband für 2 Wochen abgedeckt. Es werden regelmässige Verbandswechsel durchgeführt. Die Fadenentfernung erfolgt nach 12-14 Tagen. Eine Schiene ist nicht notwendig, die Finger sollen sofort bewegt und eingesetzt werden. Eine ergotherapeutische Begleitung ist nur selten nötig.
Obwohl es sich um einen kleinen operativen Eingriff handelt, ist meist für einige Wochen eine anhaltende Schwellung im Operationsgebiet vorhanden. Auch kann es 2-3 Monate dauern, bis die Finger wieder vollständig gestreckt oder der Faustschluss komplett erreicht werden kann. Teilweise ist eine leichte bleibende Streckhemmung am mittleren Gelenk bleibend.

als pdf zum download: Schnappfinger