Arthrosen der Fingergelenke
DEFINITION
Die Arthrose bezeichnet die Abnutzung des Gelenkknorpels, der ein reibungsloses Gleiten der Gelenkflächen aufeinander ermöglicht. Wenn der Knorpel soweit abgenutzt ist, dass blanke Knochenflächen aufeinander reiben, kommt es zu Schmerzen, Entzündungen und Bewegungseinschränkungen. Die Arthrosen der Fingermittel- und -endgelenke sind einer der am häufigsten auftretenden Arthrosen am Bewegungsapparat des Menschen. Die Grundgelenke sind weitaus seltener betroffen, hier liegt oft eine entzündliche, autoimmun be-dingte Gelenkserkrankung (= rheumatoide Arthritis) zugrunde.
URSACHE
Die Ursache der Abnutzung bleibt in der Regel unklar. Erbliche Faktoren scheinen eine Rolle zu spielen; Frauen sind 10x häufiger betroffen als Männer. Ausserdem kann eine Arthrose in Folge einer Verletzung mit Beteiligung des Gelenkes auftreten (=posttraumatische Arthrose).
SYMPTOME
Die betroffenen Gelenke sind schmerzhaft, anfangs nur bei manuellen Tätigkeiten, später auch in Ruhe. Am Morgen nach dem Aufwachen sind die ersten Bewegungen der Finger mit Schmerzen verbunden, die im weiteren Verlauf des Tages rückläufig sind. Darüber hinaus kommt es zu einer Schwellung, bedingt durch die Entzündungsreaktion und Umbauvorgänge am angrenzenden Knochen mit deutlich sichtbarer Knotenbildung an den Fingern. Im fortgeschrittenen Stadium kann es auch zur Achsabweichung des Fingers in Gelenkhöhe kommen, oft verbunden mit einer zunehmenden Bewegungseinschränkung.Letztendlich können die Gelenke vollständig versteifen.
UNTERSUCHUNG
Häufig handelt es sich um eine Blickdiagnose, in Kombination mit den durch die Patienten geschilderten Beschwerdesymptomatik finden sich auf den Röntgenaufnahmen der Finger typische Veränderungen: Zunächst fällt eine Verschmälerung und Unregelmässigkeit des abgebildeten Gelenkspaltes auf, später zeigen sich kleinere Knochenzysten unterhalb der (zerstörten) Gelenkflächen und reaktive randständige Knochenanbauten. Zusätzliche Untersuchungen sind in der Regel nicht notwendig.
BEHANDLUNG
A) Nicht operativ
Bei noch mässig ausgeprägten Beschwerden und im Röntgenbild noch gering ausgeprägten Veränderungen können zunächst konservative Massnahmen zum Einsatz kommen, die eine Schmerzlinderung verschaffen. Zu Beginn können lokale (z. B. Flectoparin Pflaster) und orale Schmerzmedikamente (z. B. Ibuprofen) zeitlich begrenzt eingesetzt werden. Weiterhin kann eine kurzzeitige orale Cortison-Stosstherapie Anwendung finden. Im Rahmen von Ergotherapie (Handtherapie) kann eine Gelenkschutzinstruktion erfolgen, damit die für die betroffenen Gelenke stark belastenden Tätigkeiten ggf. unter Einsatz von Hilfsmitteln alternativ ausgeführt werden, um die Belastung zu reduzieren. Des Weiteren können lokal schmerzlindernde und antientzündliche Massnahmen (z.B. Strom- oder Ultraschallbehandlung angewendet werden. Unter Umständen kann auch eine Cortison-Infiltration des Gelenkes unter Röntgenkontrolle helfen, die Beschwerden für eine gewisse Zeit zu lindern. Eine Heilung kann mit keiner der Massnahmen erzielt werden, es kann lediglich eine Linderung der Symptomatik verschafft werden. Ein abgenutzter Gelenkknorpel erholt sich nicht mehr. Auch die Einnahme von oralen Knorpelaufbaupräparaten ist wenig erfolgversprechend. Sobald die genannten Massnahmen nicht mehr zu einer ausreichenden Schmerzreduktion führen, und der Schmerz im Gelenk zum permanenten Begleiter wird, sollten operative Massnahmen in Betracht gezogen werden.
B) Operative Behandlung der Fingerendgelenke
An den Fingerendgelenken ist bei entsprechenden Beschwerden die Versteifung (Arthrodese) des Gelenkes die Therapie der Wahl. Aufgrund der meist fortgeschrittenen arthrotischen Veränderungen ist die noch vorhandene Beweglichkeit in der Regel sowieso sehr gering, so dass die Versteifung dieses Gelenkes funktionell kaum von Relevanz ist. Über einen schrägen Hautschnitt streckseitig über dem Endgelenk wird das Gelenk dargestellt, und die zerstörten Gelenkflächen werden mit einer feinen Säge plan abgetragen. Über eine zusätzliche kleine Inzision vorne an der Fingerkuppe, unterhalb des Nagels, wird eine Schraube eingebracht, die das knöcherne Mittel- und -endglied in gerader Stellung miteinander verbindet, so dass die zuvor geschaffenen Knochenflächen unter leichter Kompression miteinander verheilen können. Lage der Schraube und Stellung der Knochenflächen zueinander werden mittels Röntgenaufnahmen kontrolliert. Die Haut wird genäht, ein Verband sowie eine Fingerschiene werden angelegt.
RISIKEN/EINSCHRÄNKUNGEN
- Nach der Operation kommt es zu einer vorübergehenden Schwellung des Fingers und es verbleibt eine Narbe streckseitig über dem Endgelenk. Selten kommt es zu Nagelwachstumsstörungen
- Gelegentlich berichten Patienten, die eingebrachte Schraube an der Fingerkuppe als störend zu empfinden. Sollte dies der Fall sein, wird die Schraube nach sicherem knöchernen Durchbau (in der Regel nach 6 Monaten) im Rahmen eines ambulanten Eingriffs in Lokalanästhesie entfernt
- In sehr seltenen Fällen kann es zu einer ausbleibenden knöchernen Heilung mit der Notwendigkeit einer erneuten Operation und Versteifung kommen, ggf. unter Verwendung von eigenem Knochenmaterial aus der Speiche oder dem Beckenkamm
- Nikotinkonsum beeinflusst die Knochenheilung negativ
NACHBEHANDLUNG
Nach wenigen Tagen, wenn der Finger ausreichend abgeschwollen ist, wird die im Operationssaal angelegte Schiene durch eine massgefertigte Schiene in der Ergotherapie ersetzt und nur das ehemalige Endgelenk ruhigstellt. Die angrenzenden Gelenke können frei bewegt und beübt werden. Die Hautfäden werden nach 2 Wochen entweder im Rahmen der Ergotherapie oder durch den Hausarzt entfernt. 6 Wochen nach der Operation wird eine Röntgenkontrolle beim Operateur geplant und bei ausreichender knöcherner Heilung darf die Schiene weggelassen und mit dem Belastungsaufbau begonnen werden.
C) Operative Behandlung der Fingergrund- und Mittelgelenke
Die Beweglichkeit der Fingergrund- und -mittelgelenke ist für die Funktion unserer Hand von sehr viel grösserer Bedeutung als die der Endgelenke, so dass hier nach Möglichkeit ein beweglichkeitserhaltendes, operatives Verfahren gewählt werden sollte. Als operatives Standardverfahren für den Gelenkersatz gilt seit Jahrzehnten die Implantation eines Kunstgelenkes aus Silikon. Das Implantat besteht aus einer speziell geformten Komponente, die als Platzhalter im ehemaligen Gelenk verstanden werden kann, das aufgrund seiner Form einen gewissen Bewegungsumfang ermöglicht. Mittlerweile gibt es jedoch auch für die Fingergelenke Prothesen, die einen „echten“ Gelenkersatz darstellen und aus zwei Komponenten bestehen, ähnlich einer Knieprothese. Eine Komponente ist geformt wie das Köpfchen des körpernahen, die andere wie die Basis des körperfernen Gelenkpartners. Die Resultate nach einem endoprothetischen Gelenkersatz sind weitgehend gut, so dass sie immer mehr zum Einsatz kommen. Trotzdem ist das Erreichen eines vollen Bewegungsumfanges, wie bei einem gesunden Gelenk unwahrscheinlich. Welches Implantat letztlich zu wählen ist, muss im Einzelfall entschieden werden. Für die Implantation einer „echten“ Prothese ist in jedem Fall eine gute Knochensubstanz und eine gute Bandführung des Gelenks unerlässlich. Die Operation wird unter stationären Bedingungen in einer Betäubung des Armnervengeflechts (Plexusanästhesie) durchgeführt. Über dem Grund- oder Mittelgelenk wird ein Hautschnitt angelegt und die Strecksehne dargestellt. Diese wird dann mittig längs durchtrennt, evtl. vorhandene, störende knöcherne Anbauten werden entfernt und die abgeschliffenen Gelenkflächen werden dargestellt. Mit einer feinen Säge werden die Gelenkflächen abgetragen und die Knochenschäfte mit Hilfe einer kleinen Fräse eröffnet, um hier den Silikonplatzhalter bzw. die Prothese verankern zu können. Die richtige Grösse des einzusetzenden Implantates wird mit Probeprothesen ermittelt – Das Gelenk sollte weder zu straff geführt sein, was die Beweglichkeit beeinträchtigen würde, noch sollte die Prothese zu locker sitzen, was eine Gelenkinstabilität bedingen würde. Nach Einsetzen des Implantates wird dessen korrekter Sitz mittels Röntgen kontrolliert. Danach wird über dem Gelenk die Strecksehe genäht und nach Blutstillung die Haut mit Nähten verschlossen, ggf. wird eine feine Drainage eingelegt. Nach Anlage eines sterilen Verbandes wird eine Schiene angelegt. In gewissen Fällen ist ein prothetischer Gelenkersatz nicht möglich, das ist z. B. der Fall wenn das Gelenk bzw. der umgebende Knochen soweit zerstört sind, dass die Knochenqualität keinen guten Halt der Prothese zulässt oder der Seitenbandapparat des Gelenkes insuffizient geworden ist, so dass eine stabile Führung der Prothese nicht mehr gewährleistet ist. In diesen Fällen wird dann eine operative Versteifung der Fingermittel- und -endgelenke mittels Schrauben/Drähten/Platten in einer funktionell günstigen Position angestrebt. Ausserdem ist der spielt der jeweilige Anspruch des Patienten eine Rolle. Zum Beispiel käme bei einem manuell / handwerklichen Menschen eine Prothese an den Finger nicht in Frage, da die Kräfte, auf die Prothesen einwirken können, nicht unterschätzt werden dürfen. Eine vorzeitige Auslockerung der Prothese wäre die Folge.
RISIKEN/EINSCHRÄNKUNGEN
- Nach der Operation kommt es zu einer vorübergehenden Schwellung des operierten Fingers und es verbleibt eine Narbe streckseitig über dem Gelenk.
- Eine gewisse Bewegungseinschränkung bleibt trotz korrekt ausgeführter Operation bestehen, da ein Kunstgelenk nicht die gleiche Funktionalität wie das gesunde Original erreichen kann.
- In seltenen Fällen kann sich das Implantat lösen und seine korrekte Position verlieren, was zu Schmerzen und einer zusätzlichen Bewegungseinschränkung führt. In der Regel müsste ein derartiges Problem mit einer weiteren Operation behoben werden.
- Das Silikonimplantat kann mit der Zeit spröde werden und brechen. Betroffene Patienten bemerken diesen Verschleissprozess oft nicht, da sich durch die Vernarbung um das Implantat eine stabile Weichteilführung etabliert hat.
NACHBEHANDLUNG
Eingelegte Drainagen werden nach 1-2 Tagen entfernt. Die Hautfäden können nach 2 Wochen gezogen werden. Die Fingergelenke dürfen unter Anleitung eines Handtherapeuten ohne Belastung bewegt werden. In den ersten 6 Wochen nach dem Eingriff sollte das operierte Gelenk nicht mehr als 70° gebeugt werden. Die im Operationssaal angelegte Schiene wird im Rahmen der Ergotherapie durch eine massgefertigte Schiene ersetzt, welche für 6 Wochen erforderlich ist. 6 Wochen postoperativ wird eine Röntgenkontrolle beim Operateur geplant und im Regelfall kann dann die Beweglichkeit und der Kraftaufbau unter ergotherapeutischer Anleitung trainiert werden.