Beitrag von: Dr. med. Christiane Brinkmann

Schulterinstabilität

ANATOMIE DER SCHULTER

Schulterinstabilität

SYMPTOME EINER SCHULTERINSTABILITÄT

Sie leiden unter einer instabilen Schulter. Viele Armbewegungen über Kopf sind mit Unsicherheit verbunden. Ihre normale Sportfähigkeit ist sehr eingeschränkt. Sie haben vielleicht schon mehrmals die Schulter ausgekugelt. Die Schulterinstabilität mit wiederholten Luxationen (=Auskugeln der Schulter) kann Ihre Lebensqualität sehr stark beeinträchtigen.

UNTERSUCHUNG BEI EINER SCHULTERINSTABILITÄT

Sie können Ihren Arm in alle Richtungen bewegen. Diese Beweglichkeit kann manchmal aber auch schmerzhaft eingeschränkt sein. Gewisse Überkopf-Bewegungen können mit Angst verbunden sein, die Schulter könnte wieder auskugeln.

Im Röntgenbild ist der Gelenkspalt normal. Manchmal gibt es Anzeichen für einen umschriebenen Knochendefekt am Oberarmkopf und/oder an der Gelenkspfanne.

Zur genaueren Beurteilung von Knochen und Knorpel und des Zustandes der umliegenden Weichteile kann ergänzend eine MRI- (Magnetresonanz) oder eine CT-Untersuchung (Schichtröntgen) durchgeführt werden.

BEHANDLUNG UND OPERATION

Primär wird versucht mit Physiotherapie (Kraftaufbau der Rotatoren-manschettenmuskulatur) die Schulter zu stabilisieren, sodass in vielen Fällen auf eine Operation verzichtet werden kann.

Wenn Ihre Beschwerden aber dennoch andauern, werden wir Ihnen nach sorgfältiger Beurteilung möglicherweise eine Operation empfehlen. Die Fachliteratur und unsere Erfahrung zeigen, dass die differenzierte Abschätzung des operativen Vorgehens sehr wichtig ist.

Deshalb unterscheiden wir zwischen drei grundsätzlich unterschiedlichen Optionen, die manchmal auch kombiniert werden.

a) Arthroskopische Labrumrefixation

Wenn Ihre Instabilität als Folge einer Labrumläsion (Verletzung der Gelenklippe = Bankartläsion) entstanden ist, sind die knöchernen Strukturen in der Regel intakt. In diesem Fall entscheiden wir uns für die sog. anatomische Labrumrefixation, welche die ursprüngliche Anatomie der Gelenkpfanne rekonstruiert.

Ggf. kann bei grösserer Hill-Sachs-Läsion (s.u.), der Knochendefekt mit Kapsel und Sehnengewebe aufgefüllt werden (Remplissage).

Labrum Verletzung und Labrum Refixation

b) Offener Coracoid-Transfer nach Latarjet

Bei ausgeprägtem Knochenverlust am Oberarmkopf (Hill-Sachs-Delle) oder/und an der Gelenkpfanne (knöcherne Bankartläsion), sowie bei chronischen Labrumverletzungen nach zahlreichen stattgefundenen Luxationen wird in der Regel eine offene Operation mit Coracoid-Transfer (nach Latarjet) empfohlen. Dabei wird ein Knochenfortsatz (der Rabenschnabelfortsatz) vom Schulterblatt mit den anhängenden Sehnen (Conjoint tendon) abgenommen und anschliessend mit Schrauben an der Gelenkspfanne fixiert.

1 – Hill Sachs-Delle
2 – Knochenverlust bei der Gelenkspfanne
3 – Coracoid-Transfer

c) Arthroskopische Kapselraffung

Liegt hingegen eine ausgedehnte Überbeweglichkeit (Hyperlaxität) mit Schulterinstabilität in mehreren Richtungen vor, kann mit der erwähnten Knochenblock-Operation keine genügende Gelenksführung erreicht werden. In diesen Fällen entscheiden wir uns für die sog. Kapselraffung, bei der die Gelenkkapsel miteinander vernäht und dadurch gekräftigt wird. Diese Operation stellt für viele Patienten einen grossen Gewinn dar, sofern sie bereit sind, zusätzlich eine intensive Physiotherapie vor und nach der Operation durchzuführen.

Kapselraffung

ZIEL

Bei allen drei operativen Optionen ist es unser Hauptziel, Sie von Ihrer Instabilität und Ihren Schmerzen zu befreien. Gelegentlich muss ein geringes Defizit in der Beweglichkeit akzeptiert werden oder kann sogar erwünscht sein. Dies liegt daran, dass das Schultergelenk stärker als alle anderen Gelenke unseres Körpers durch das Zusammenspiel der umgebenden Weichteile und Muskeln stabilisiert wird.

RISIKEN

Sie werden bei uns durch erfahrene Operateure behandelt. Dennoch ist kein Eingriff frei von Risiken oder möglichen Komplikationen. Diese sind hier tabellarisch aufgeführt:

  • Gelenksinfektion: ca. 1–2%
  • Verletzung von grösseren Blutgefässen: ca. 1%
  • Verletzung von grösseren Nerven: ca. 1%
  • Erneute Ausrenkung des Gelenkes: ca. 10% nach Labrumrefixation; ca. 5% nach der Latarjet-Operation

AUFENTHALT

Der Spitalaufenthalt dauert ca. 2 Nächte.

Ihr Arm wird während der ersten 6 Wochen nach der Operation in einer Schulterorthese ruhiggestellt. Dennoch werden Sie ab dem ersten Tag an mit unseren Physiotherapeuten unterstützte Bewegungsübungen aufnehmen und für selbständige Übungen instruiert.

AUSTRITT

Nach Austritt wird die Physiotherapie nahtlos weitergeführt. Dies erfolgt in der Regel ambulant. Die Hautfäden werden nach ca. 10–14 Tagen von Ihrem Hausarzt oder bei uns entfernt. Nach der ersten Kontrolle in unserer Sprechstunde nach ca. sechs Wochen, kann die Schulterorthese weggelassen werden. Ebenso wird die Bewegungstherapie kontinuierlich gesteigert. Das Lenken eines Autos ist in der Regel nach ca. 8-12 Wochen wieder möglich. Nach ca. 3–4 Monaten können sie Ihren Arm im Alltag auch mit mittlerer Kraft belasten. Die Physiotherapie zur Verbesserung der Beweglichkeit und der Kraft wird meistens über 6 Monate nach dem Eingriff weitergeführt. Die Nachbehandlung kann bis zu einem Jahr dauern.

FRAGEBOGEN: QUALITÄTSKONTROLLE

In unserer Praxis werden wir alle Patienten, welche an der Schulter operiert werden, bitten einen Fragebogen auszufüllen. Dieser Fragebogen umfasst Fragen zu Beschwerden und zur Funktionsfähigkeit um Alltag. Wir erhalten dadurch wertvolle Informationen zu Ihrem Behandlungsverlauf. Sie erhalten diesen Fragebogen vor der Operation, 6, 12 und 24 Monate nach der Operation. Die Teilnahme an diesem Projekt ist selbstverständlich freiwillig und beeinflusst Ihre Therapie nicht.

Sollten sich nach Ihrem Gespräch in unserer Sprechstunde und der Lektüre dieser Broschüre weitere Fragen ergeben, stehen wir gerne zu Ihrer Verfügung.

 

als pdf zum downloaden: Schulterinstabilität